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Familienbund sieht durch Ganztagsbetreuung als Norm die Lebbarkeit von Familie in Gefahr

Familienbund sieht durch Ganztagsbetreuung als Norm die Lebbarkeit von Familie in Gefahr

Fulda. Der von der Bundesregierung für 2025 geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung stößt beim Familienbund der Katholiken auf Skepsis und Kritik. Der Verband moniert, dass eine hinreichende Betreuungsqualität wahrscheinlich nicht gewährleistet werden könne. Bereits heute fehlten in der Kinderbetreuung massenhaft Fachkräfte. Deshalb hält der Familienbund deutlich höhere Investitionen für den Ausbau der Ganztagsbetreuung für nötig als bisher vorgesehen. Ohne eine stärkere Aufwertung des Erzieherberufes, zum Beispiel durch höhere Gehälter und verbesserte Ausbildung, sei das Vorhaben kaum angemessen zu verwirklichen.

Der Familienbund macht aber auch grundsätzliche Bedenken an einer familienpolitischen Richtung geltend, die dazu führt, dass Ganztagsbetreuung zur gesellschaftlichen Norm erhoben wird, wie der Landesvorsitzende des Familienbundes Hubert Schulte am Donnerstag in Fulda mitteilte. Besser sei eine Politik, die auf „atmende Lebensläufe“ setzt, eine Ausweitung der Elternzeit anstrebt und das Arbeitsleben grundsätzlich anders und familienfreundlich organisiert. „Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung verstärkt das gesellschaftliche Leitbild vollzeitnaher Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern“, sagte Schulte. „Das wird dazu führen, dass viele Kinder künftig mutmaßlich weniger Zeit mit ihren Familien verbringen werden und mehr in der Hortbetreuung. Kinder werden so länger Lärm und schulischen Rivalitäten ausgesetzt sein, während individuelle Rückzugsmöglichkeiten und Ruhe häufiger fehlen werden.“

„Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ist ein Angebot, das sich seine eigene Nachfrage schafft“, erklärte Schulte weiter, „unabhängig davon, ob die Qualität der Betreuung stimmt, was angesichts massenhaft fehlender Erzieher fraglich ist. Immer länger werdende Betreuungszeiten jenseits der Familie sind für die Entwicklung von Kindern – zumindest noch in der Phase der Grundschulzeit – indes alles andere als ideal und für die Eltern eine zusätzliche Belastung, weil der organisatorische Aufwand an den Schnittstellen von Beruf, Schule und Familie weiter zunimmt. Statt einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf steigt dagegen für Eltern der enorme gesellschaftliche Druck weiter, den tagtäglichen Spagat zwischen Berufs- und Familienleben möglichst effizient zu gestalten. Auf der Strecke bleibt der wertvolle Kern, den Familie ausmacht: Die Bindungen und die Nähe zwischen Eltern und Kindern, die nur durch gemeinsame Zeit zu erreichen sind. Für wen ist es ein Gewinn, wenn Kinder ihre Eltern nur noch spät nach Feierabend oder am Wochenende zu Gesicht bekommen?“

„Eltern und Kinder müssen wieder die Maßstäbe der Familienpolitik werden, nicht ökonomische Zweckrationalität“
Hubert Schulte wendet sich dagegen, die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung durch das Argument zu rechtfertigen, dass sich ein Teil der Kosten dafür über höhere Staatseinnahmen refinanzieren ließe. „Wir können das Leben von Familien nicht durch blanken Ökonomismus bestimmen lassen. Immer mehr Mütter und Väter werden dadurch in einer immer komplexeren Lebenswelt aus diversen familiären, beruflichen und schulischen Ansprüchen dem Burnout Preis gegeben. Entscheidend ist, dass Familienleben unter Vorzeichen stattfindet, unter denen es auch gelingen kann. Familie muss lebbar bleiben. Entscheidend ist das bestmögliche Aufwachsen von Kindern. Eltern und Kinder müssen wieder die Maßstäbe der Familienpolitik werden, nicht ökonomische Zweckrationalität. Wenn Eltern aufgrund des immer höher werdenden gesellschaftlichen Drucks darauf verzichten, Kinder zu bekommen – und das ist heute schon bei zahlreichen Partnerschaften der Fall – dann wird die ökonomische Rechnung künftig ganz anders ausfallen.“

„Himmelschreiender Anachronismus“
Schulte plädiert dafür, Vereinbarkeit nicht nur synchron zu denken, sondern auch als ein Nacheinander unterschiedlich intensiver Erwerbs- und Familienarbeitszeiten. Die für Eltern hoch belastende Gleichzeitigkeit von beruflichen, schulischen und familiären Ansprüchen müsse vermieden werden. „Eltern können Familie nicht voll gerecht werden, wenn beide Elternteile gleichzeitig eine vollzeitnahe Beschäftigung bewältigen sollen. Dringend nötig für das Gelingen von Familie sind Vereinbarkeitsmodelle, die Familien mehr Zeit ermöglichen, durch eine deutliche Ausweitung der Mütter- und Vätermonate und durch die Einführung sogenannter atmender Lebensläufe, die es Eltern selbstbestimmt ermöglichen, flexibel je nach Lebensphase zwischen einer mehrheitlich familiären oder beruflichen Präsenz wählen zu können. Die heute von der Bundesregierung und der Wirtschaft propagierten Vereinbarkeitsmodelle sind gemessen an der hohen gesellschaftlichen Bedeutung von Familie ein himmelschreiender Anachronismus.“ Fest steht für Schulte auch, dass künftig weiter die Wahlfreiheit der Eltern in beide Richtungen möglich sein muss, „sowohl für die, die ihre Kinder im Hort betreuen lassen wollen, als auch für die Eltern, die ihre Kinder lieber in größerer Nähe zur Familie aufwachsen lassen möchten. Ein normatives Leitbild, wie es von der Bundesregierung nach den Kitas nun auch in Grundschulen eingeführt werden soll, wirkt diesem Anspruch jedoch entgegen“.

23.01.2020


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